Donnerstag, 14. April 2011

Wolfgang Mazal zu Pflegeproblematik und Pflegelösung

Prof. Wolfgang Mazal
Bei einem Vortrag im Rahmen des Institutes für Familienforschung in Wien sprach Prof. Wolfgang Mazal über die Rahmenbedingungen, die in Österreich im Bereich der Pflege maßgeblich sind.
Er verwies auf die geteilte Kompetenzlage zwischen Bund und Ländern. Der Bund hätte Kompetenz für das Pflegegeldrecht, könne über die Krankenversicherung medizinische Hauskrankenpflege fördern und würde das Berufsrecht regeln. Damit seien die rechtlichen Möglichkeiten des Bundes in Sachen Pflege jedoch weitgehend ausgeschöpft. Die Hauptkompetenzen würden bei den Bundesländern liegen, insbesondere dann, wenn es darum gehe, neue Lösungen einzuführen. Diese Weichen seien durch die Bundesverfassung im Jahre 1921 bzw. 1925 gestellt worden und bis heute wirksam.
Mazal bekennt sich zur föderalen Struktur Österreichs und sieht die Situation als Herausforderung und Chance. Insbesondere sprach er sich dafür aus, grundsätzlich über neue Lösungsansätze im Bereich der Pflege nachzudenken und nicht nur in den allgemeinen Ruf einzustimmen: "Wir brauchen mehr Geld."
Er trat dafür ein, dass Politik in Österreich wieder mehr der Frage gewidmet sei, wie könne das Staatsganze funktionieren? "Wir machen keine Ordnungspolitik. Wir fragen nicht, wie soll der Staat ein Thema lösen, sondern wir sagen: Wie glaubt ihr, dass wir das lösen sollen. So wichtig Interessensvertreter hier sind, so ist es zu wenig, wenn sich der Staat ihnen ausliefert."
Der Vortragende sprach die individuelle Verantwortung des einzelnen an (Zivilrecht) und die gemeinschaftliche Solidarität. Bezüglich der Finanzierung künftiger Pflegekosten brachte er den Vorschlag ein, die Veräußerung von Grund und Boden zu besteuern. Es seien dazu jedoch flankierende Maßnahmen notwendig, wie z. B. die Anpassung der Einheitswerte mit einer Übergangsfrist oder die besondere Behandlung von betrieblichen Grundstücken, die mit Arbeitsplätzen verknüpft seien. "Das, was den Verfassungsgerichtshof nicht stören würde, ist, wenn wir grundbezogene Vererbungssteuer und Entäußerungssteuer zweckwidmen für ein bestimmtes Thema. Wir ziehen die Besteuerung der Vermögensentäußerung bei Grund und Boden heran zur Finanzierung des Pflegethemas."

Freitag, 25. Februar 2011

Hundstorfer und Stöger zu Gast beim Pflege Management Forum 2011

Alois Stöger, Elfriede Gerdenits, Rudolf Hundstorfer
(c) Foto, Karl Ebinger, 2011













Das Pflege Management Forum 2011 bot spannende Einblicke in die immer dringlicher werdende Neuorganisation des Pflegebereiches. Wie geht es mit dem Pflegefonds weiter? Welche zusätzlichen Finanzmittel werden Städte und Gemeinden nach Einschätzung von Sozialminister Hundstorfer in den nächsten 3 Jahren benötigen? Wie beurteilt Prof. Mazal den Mangel an Arbeitskräften im Pflegebereich? Was hält Gesundheitsminister Stöger von einem Lehrberuf Pflege?

Das Thema Neuorganisation und Finanzierung der Pflege zog sich wie ein roter Faden durch die zweitägige Veranstaltung - wurde eifrig und beherzt diskutiert. Prof. Wolfgang Mazal beschrieb eindrucksvoll die Auswirkungen der demografischen Entwicklung auf das künftige Angebot an Arbeitskräften - nicht nur im Pflegebereich. Demgegenüber stehe die Zunahme an älteren Menschen in der Gesellschaft. Zusammen genommen ergäbe das die Notwendigkeit, rasch weitere Überlegungen für konkrete Reformschritte anzustellen. Er ging auf die geteilte Kompetenzlage von Bund und Ländern ein und bekannte sich zu Pluralismus und Subsidiarität - im Sinne eines eigenständigen aber auch verantwortungsbewussten Handelns auf der regionalen Ebene.


Wolfgang Mazal: Wo Vielfalt, wo Vereinheitlichung?
(c) Foto, Karl Ebinger, 2011













Sozialminister Hundstorfer sprach die gegenwärtigen Schwerpunkte seiner Arbeit den Pflegebereich betreffend an. Einerseits würde er als Arbeitsminister dafür sorgen, dass pro Jahr ca. 5000 neue Pflegekräfte mit Unterstützung des Arbeitsmarktservice (AMS) ausgebildet würden. Diese Maßnahme sei auch für 2011 weiter geplant. Als Sozialminister verhandle er im Moment mit Finanzminister Pröll über die zunehmende finanzielle Belastung der Städte und Gemeinden. Bis 2013 gelte es zusätzliche Mittel von ca. 360 Millionen EUR zur Verfügung zu stellen. Auf Nachfrage der Diskussionsteilnehmer im Saal verwies er darauf, dass die Mittel zweckgewidmet sein würden, um eine zielgerichtete Verwendung der Mittel zu gewährleisten.

Hundstorfer: "Neue Arbeitszeitmodelle andenken..."
(c) Foto, Karl Ebinger, 2011

Gesundheitsminister Alois Stöger sprach die Patientenorientierung an und verwies auf die Notwendigkeit "Fachgruppen übergreifend zu arbeiten". Dies würde zu einer Veränderung der Berufsbilder führen. Angesprochen auf einen möglichen Lehrberuf Pflege kam die Festlegung auf ein klares "Nein". Er verwies auf die Tatsache, dass die Gebietskrankenkassen im Jahr 2010 positiv bilanziert hätten und kündigte an, im Bereich Zahnversorgung und Behandlung psychosomatischer Krankheiten Verbesserungen anzustreben.


Stöger: "Fachgruppen übergreifend arbeiten ..."
(c) Foto, Business Circle, 2011














Auf großes Interesse bei den Konferenzteilnehmern stieß das Thema "Pflegegeld - Begutachtung durch Pflegekräfte". Es wurde über erste Erfahrungen mit dem Pilotprojekt, das in mehreren Bundesländern läuft berichtet. Im Zentrum der Diskussion stand die Qualität der Pflegegeldeinstufung. Es wurde laut über Maßnahmen nachgedacht, die zu einer Verbesserung der Einstufung führen könnten.


Etwa 270 Teilnehmer waren auf der Tagung vertreten
(c) Foto, Karl Ebinger, 2011













Einigen der anwesenden PflegedirektorInnen war es ein Anliegen, über die Entlastung von älteren Pflegekräften nachzudenken, um sie länger im Berufsprozess halten zu können und auf ihre Situation individuell eingehen zu können.

Nach zwei intensiven Konferenztagen kündigte Mag. Gerhard Pichler seitens des Veranstalters Business Circle an, dass das nächste Pflege Management Forum am 1. und 2. März 2012 stattfinden werde.
Referenten Pflege Management Forum 2011